Die Pflege der Eltern stellt nicht nur eine emotionale Herausforderung dar, sondern wirft auch finanzielle Fragen auf. In diesem Beitrag werden verschiedenen Aspekte der Unterhaltspflicht, rechtlichen Grundlagen, Berechnungen und Möglichkeiten zur finanziellen Entlastung beleuchtet.
Die Unterhaltspflicht für die Eltern ist in Deutschland gesetzlich verankert. Gemäß § 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) haben Kinder die Pflicht, die finanzielle Unterstützung für ihre bedürftigen Eltern zu übernehmen.
Bevor man für die Pflegekosten der Eltern aufkommen müssen, erfolgt eine eingehende Prüfung der finanziellen Lage. So waren bis Ende 2019 Kinder dann verpflichtet, für ihre Eltern aufzukommen, wenn sie monatlich über mehr als 1.800 Euro netto (Alleinstehende) bzw. 3.240 Euro netto (Verheiratete) verfügten.
Mit dem neuen Angehörigen-Entlastungsgesetz, das am 1. Januar 2020 in Kraft trat, wurde der Unterhalt für Verwandte neu geregelt, wodurch Angehörige finanziell entlastet wurden. So werden nun nur noch sehr gut verdienende Kinder mit einem Brutto-Jahreseinkommen von mehr als 100.000 Euro zur Übernahme des Unterhalts für ihre Eltern herangezogen. Sollte das Einkommen eines Kindes diese Grenze nicht überschreiten, besteht keine Verpflichtung, sich am Unterhalt des Elternteils zu beteiligen. In solchen Fällen gewährt der Sozialhilfeträger rückgriffsfrei Sozialhilfe, um sicherzustellen, dass die Bedürfnisse des Unterstützungsbedürftigen angemessen gedeckt werden. Diese Regelung soll sicherstellen, dass die finanzielle Belastung im Rahmen der individuellen Möglichkeiten der Unterhaltspflichtigen bleibt.
Es ist wichtig zu beachten, dass das Sozialamt Unterhaltszahlungen nur von Angehörigen einfordern kann, die mit dem Pflegebedürftigen im ersten Grad verwandt sind. Das bedeutet, dass nur direkte Kinder oder Eltern zur Unterhaltsfinanzierung herangezogen werden können. Enkelkinder haben keine gesetzliche Verpflichtung, für die Pflegekosten ihrer Großeltern aufzukommen. Ebenso besteht keine rechtliche Verpflichtung für Geschwister, Cousins, Onkel oder Tanten, finanziell füreinander einzustehen oder Pflegekosten zu tragen.
Sind sie unterhaltspflichtig?
Um schnellstmöglich zu klären, ob Sie zum Elternunterhalt herangezogen werden können, genügt oft ein Blick in Ihren aktuellen Einkommensteuerbescheid. Darin finden Sie eine Auflistung Ihrer verschiedenen Einkunftsarten wie Gehalt (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit), Mieteinnahmen, Kapitaleinkünfte etc. Am Ende wird eine Summe gebildet, die als "Summe der Einkünfte" bezeichnet wird. Nur wenn diese Summe allein bei Ihnen über 100.000 Euro liegt, können Sie zum Elternunterhalt herangezogen werden.
Wenn Ihr Einkommen über 100.000 Euro liegt, sind Sie unterhaltspflichtig gegenüber Ihren Angehörigen. Doch selbst in dieser Situation haben Sie ein Recht auf ein sogenanntes Schonvermögen. Wenn etwas als Schonvermögen eingeordnet wird, dann müssen diesen Anteil Ihres Vermögens nicht für Unterhaltszahlungen verwenden. Der Staat verlangt nicht, dass Sie es für die Zahlung von Elternunterhalt nutzen – es wird geschont. Durch das Schonvermögen dient dazu Ihren Lebensstandard zu sichern und Ihre Altersvorsorge nicht zu gefährden.
Das Schonvermögen umfasst verschiedene Komponenten, die dazu dienen, den Lebensstandard und die finanzielle Sicherheit des Unterhaltspflichtigen zu schützen.
Eine selbstgenutzte Immobilie, die als angemessen für den eigenen Wohnbedarf betrachtet wird, kann ebenfalls zum Schonvermögen gehören.
Gelder, die für den Kauf eines neuen PKWs beiseite gelegt wurden, können ebenfalls zum Schonvermögen gehören. Ein angemessenes Fahrzeug ist oft notwendig für die Mobilität und das tägliche Leben des Unterhaltspflichtigen und wird daher nicht in die Berechnung des Elternunterhalts einbezogen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ein regelmäßig für die Fahrt zur Arbeit genutzt wird.
Sparanlagen, Rentenversicherungen oder andere Formen der Altersvorsorge, die dazu dienen, die finanzielle Sicherheit im Alter zu gewährleisten, gehören ebenfalls zum Schonvermögen. Diese Gelder sollen sicherstellen, dass der Unterhaltspflichtige auch im Ruhestand seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, ohne auf staatliche Unterstützung angewiesen zu sein.
Berechnung des Schonvermögens für die Altersvorsorge
Gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006 kann das Schonvermögen für die Altersvorsorge als 5% des aktuellen Bruttoeinkommens pro Berufsjahr angesetzt werden, multipliziert mit einer durchschnittlichen Verzinsung von 4% pro Berufsjahr.
Die Formel zur Berechnung des Schonvermögens lautet:
Schonvermögen = (5% des aktuellen Bruttoeinkommens) × (Anzahl der Berufsjahre) × (4% Durchschnittsverzinsung pro Berufsjahr)
Wenn Eltern mehrere Kinder haben, wird das Bruttojahreseinkommen dieser Kinder für die Unterhaltspflicht nicht zusammengerechnet, solange keines der Kinder die gesetzliche Einkommensgrenze überschreitet.
Die Situation ändert sich jedoch, wenn ein Geschwisterkind ein Bruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro im Jahr hat. In diesem Fall werden zunächst alle Kinder in die Berechnung einbezogen, und der Unterhalt wird anteilig pro Geschwisterkind berechnet. Letztlich ist aber nur das Kind mit dem höheren Einkommen unterhaltspflichtig. Den Anteil des anderen Kindes übernimmt das Sozialamt.
Diese Regelung zielt darauf ab, sicherzustellen, dass die Unterhaltslast gerecht auf die Kinder verteilt wird, wobei diejenigen, die über ein höheres Einkommen verfügen, einen größeren Beitrag leisten müssen.
Kinder werden ab einem Jahresbruttoeinkommen von 100.000 Euro zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtet. Zum Einkommen zählt das gesamte steuerliche Einkommen, also Bruttolohn aus einer Beschäftigung oder Einnahmen aus selbstständiger Arbeit, Einkünfte aus Vermietungen und Verpachtungen, Gewinn- und Kapitalerträge, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie andere Gratifikationen.
Die Berechnung des Elternunterhalts erfolgt in mehreren Schritten. Zunächst wird das bereinigte Nettoeinkommen ermittelt.
Von diesem ermittelten Durchschnittsnettoeinkommen können nun folgende Posten abgezogen werden:
Nachdem das bereinigte Nettoeinkommen berechnet wurde, wird der Selbstbehalt abgezogen. Der Selbstbehalt ist der Betrag, den der Unterhaltspflichtige monatlich für seinen eigenen Unterhalt behalten darf, bevor er zum Elternunterhalt herangezogen wird.
Die Höhe des Selbstbehalts, der dem Unterhaltspflichtigen monatlich für seinen eigenen Unterhalt verbleibt, kann je nach Familienstand und anderen individuellen Umständen variieren.
Die zuletzt festgelegten Beträge waren in der Düsseldorfer Tabelle vom 1. Januar 2020 verzeichnet. Gemäß dieser Tabelle betrug der Selbstbehalt gegenüber Eltern mindestens 2000 Euro. Für Verheiratete wurde ein Familienselbstbehalt von 3600 Euro pro Monat festgelegt.
Die aktuelle Düsseldorfer Tabelle enthält keine konkreten Zahlen, sondern gibt lediglich den Hinweis: „Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen.“ Die konkrete Festlegung des Selbstbehalts erfolgt daher unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände und Bedürfnisse der Beteiligten.
Nachdem das Nettoeinkommen zusammengezählt und die abzugsfähigen Kosten sowie der Selbstbehalt abgezogen wurden, bleibt ein bestimmter Betrag übrig. Zur Berechnung des Elternunterhalts wird anschließend die Hälfte dieses verbleibenden Betrags herangezogen.
Rechenbeispiel
Angenommen, eine unverheiratete Person verdient monatlich 5000 Euro netto. Zuerst werden die abzugsfähigen Kosten und der Selbstbehalt berücksichtigt. Die abzugsfähige Kosten betragen beispielhaft 800€. Der Selbstbehalt 2000€. So bleiben 2200€ übrig. Die Hälfte dieses verbleibenden Betrags entspricht dem Elternunterhalt. In diesem Beispiel müsste die Person also monatlich 1100 € an ihre Eltern zahlen.
Wenn ein Ehepaar zusammen monatlich 8.000 Euro netto verdient, sieht die Rechnung folgendermaßen aus: Zuerst werden die abzugsfähigen Kosten und der Familienselbstbehalt für das Ehepaar berücksichtigt. Die abzugsfähigen Kosten betragen beispielhaft 1.500€, und der Familienselbstbehalt für Verheiratete beträgt für das Ehepaar zusammen 3.600€. Somit bleiben 2.900€ übrig. Die Hälfte dieses verbleibenden Betrags entspricht dem Elternunterhalt. In diesem Beispiel müsste das Ehepaar also zusammen monatlich 1.450 € an ihre Eltern zahlen.
Um die finanzielle Belastung zu mindern, können bestimmte Aufwendungen steuerlich geltend gemacht werden. Nach deutschem Steuerrecht können Unterhaltszahlungen grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, sofern sie notwendig sind und eine angemessene Höhe nicht überschreiten.
Um den Elternunterhalt steuerlich absetzen zu können, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Es empfiehlt sich, sich im Zweifelsfall von einer Steuerberatung, einer Fachanwältin oder einem Fachanwalt für Steuerrecht beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass der Elternunterhalt ordnungsgemäß steuerlich abgesetzt wird.